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Publikation »On Freedom In Construction«

Four academies of the arts are testing the brick as material for sculptures in seven brick production places around Nybel Nor in south of Danmark.

Publication with the essay »Brick As A Sign« and Note of Thanks from Kerstin Abraham.

To be implicated: Jan Lüthjohann, Priska Falin, Karen Harsbo, Laura Garbers, Andreas Rasmussen, Erich Mick, Henrik Koppen, Katharina Kieselbach, Anke Müffelmann, Morten Modin, Lauri Lemmenehti, Sofie Holten, Sarah Dost, Jakob Grebert, Magnus Rassmussen, Andreas Christensen, Kaja Grope, Christian A. Petersen, Maria Jonsson, Tapio Yili-Viikari, Tuuli Saarelainen, Peter Madsen, Richard Launders, Lasse Arikstad, Kerstin Abraham, Leonora Salihu, Nina Willhöft, Riina Ruus, Maria Magdi Elisa Gabriel
Concept & Head of Project: Kerstin Abraham
Project Management: Anke Müffelmann
Workshop: Leonora Salihu
Brickworks: Christian A. Petersen, Erich Mick, Peter Madsen
Teaching Professors: Karen Hasbo (Royal Academy Copenhagen), Tapio Yili-Viikari (Aalto University Helsinki), Richard Launders (Academy of the Arts Bergen), Kerstin Abraham (Muthesius Academy of Arts and Design Kiel)

Publisher: Kerstin Abraham (Muthesius Academy of Arts and Design Kiel)
Translation: Colin Moore
Photos: Tapio Yili-Viikari, Kaja Grope
Concept & Layout: Max Kühl
Typeface: »Rüdiger« by Philipp Neumeyer
Print: Roland Spreeth & Marko Zenz, Muthesius Academy of Arts and Design Kiel
Raum der Publikation, 2014

Project Website: Brick-Workshop.com

Palimpsest/palimpzestieren »Über Erde Hand, Zeit« in: »Back to earth«

»Palimpzest, Palimpzestieren« in: ›back to the roots‹, Gehrisch Stiftung, (Katalog)

 

Eines Nachts begann ich, Zeitungsbilder zu übermalen. Ich tat es in den folgenden Tagen und Wochen immer wieder, bis ich nicht mehr schlafen gehen konnte, ohne wenigstens ein Bild zu übermalen. Inzwischen sehe ich eine Zeitungsseite vor allem daraufhin an, ob sich eine Möglichkeit für ein Bild über dem Bild ergibt. Dabei ist es völlig unerheblich, ob ich zuerst mit weißer Gouache lösche oder mit schwarzem Edding zeichne. Das Bild entsteht nicht aufgrund eines vorgefassten Plans, sondern in Abwechslung der beiden Tätigkeiten.

Ich bin davon überzeugt, dass das darunterliegende Bild Bedeutung für den Charakter der darüberliegenden Zeichnung hat. Seite für Seite, Zeichnung für Zeichnung entsteht mein Mus-terbuch. Parallel bringe ich mir Fayencemalerei bei, weil sie wie Malen auf grundierter Leinwand passiert. Meine Fayenceglasur ist von war-mem dunklen Weiß. Ein ungeübtes Auge würde diese Oberfläche nicht von einem englischen Steinzeug unterscheiden können, das aber weniger kostbar ist. Nach vielen anderen Versuchen male ich jetzt meine Fayence/Grundierung auf dekorierte Industrieteller, deren Muster mir, wie vorher die Zeitungsseiten, zum Übermalen dienen. Die alten Teller sind wegen der sehr grafischen Transfer-prints unter den durchscheinenden Glasuren besonders gut zum Übermalen zu gebrauchen, der Scherben ist auch weicher und von schönem Gelbweiß.

Früher waren diese Teller billige Massenware, weil sie in großen Stückzahlen günstig produziert und im Alltag gebraucht wurden, bis sie zerbrachen. Übriggebliebenes wurde gering geschätzt und weggeworfen. Deshalb sind gerade Teller heute selten. Ich erstei-gere die Rohlinge im Internet, zeichne auf meine Grundierung mit Hilfe des Musterbuches und brenne dann glatt.

So komme ich in Wirklichkeit auf fünf Schichten: Der Scherben (der tönerne Körper), der Transferdruck, die durchscheinende Gla-sur, die Fayenceglasur, die Zeichnung obenauf. Durch das Brennen sinkt die oberste Zeichnung in die Glasur ein und das unterste Muster dringt teilweise in Sichtbarkeit nach oben durch. Die miteinan-der verschmolzenen Glasuren binden alles in eine Bildfläche von gemeinsamer Stofflichkeit ein.

 

One night I started to paint over newspaper photos. I did the same on subsequent days and in the following weeks until I was unable to go to bed without having painted over at least one photo. Now I look at a page of a newspaper primarily to see whether I can paint a picture over a photo. It makes absolutely no difference whether I first delete the photo with white gouache or draw with a black marker pen.

The picture is created not on the basis of a predefined plan but in alternating between the two activities. I am convinced that the underlying photo is important to the character of the overlying drawing. My pattern book is produced page by page, drawing by drawing. At the same time, I am learning Faience painting because it is like painting on a primed canvas. My Faience glaze is a warm dark white. The untrained eye would not be able to distinguish this surface from English stoneware, which is less valuable. After many other attempts, I now paint my Faience/primer on decorated industrial plates, the patterns of which I paint over, like the newspaper pages before. Old plates are particularly good for painting over on account of the very graphic transfer prints under the transparent glazes. The fired clay is also softer and in a lovely yellowy white.

These plates used to be cheap mass-produced articles. They were used on an everyday basis until they broke. Whatever was left over had little value and was thrown away. For that reason, such plates are rare today. I buy the plates in online auctions, draw on my pri-mer using my pattern book and then glaze-fire them.
This produces a total of five layers: the fired clay (clay body), the transfer print, the transparent glaze, the Faience glaze and the dra-wing on top. Firing causes the top drawing to sink into the glaze and the pattern underneath becomes partially visible. The fused glazes bind everything into an image of multiple materiality.

Katalog »Abwarten und –«

Autorin: Renate Luckner-Bien
Herausgeber & Autor: Uwe Haupenthal
Katalogredaktion: Kirsten Wieseler
Fotos: Christiane Kiefer, Bernd Kuhnert, HB Werkstätten für Keramik, Kerstin Abraham
Verlagsgesellschaft Husum
Verlag der Kunst

»Abwarten und — «

Ein Projekt zum Teetrinken mit dem Schloß vor Husum (Uwe Haupenthal)
Idee, Projektleitung, Kuratorin: Kerstin Abraham
Professur-Vertretung: Volker Thiemann
Workshops: Jung-Jae Lee, Julian Stair
Tutoren: Kirsten Wieseler, Jakob Grebert
Autorin: Renate Luckner-Bien
Herausgeber & Autor: Uwe Haupenthal
Katalogredaktion: Kirsten Wieseler
Fotos: Christiane Kiefer, Bernd Kuhnert, HB Werkstätten für Keramik, Kerstin Abraham
Verlagsgesellschaft Husum
Verlag der Kunst

Ausstellung im Schloss vor Husum September 2011.

»Abwarten und –«

Ein Projekt zum Teetrinken mit dem Schloß vor Husum (Uwe Haupenthal).

mit Arbeiten von:

Young Jae  Lee
Werkstätten Hedwig Bollhagen
Ayumi Horie
Magdalena Gerber
Eva Kretschmer
Volker Tiemann
Julian Stair
Birgit Saupe
Madeleine-Christin Leroy
Romina Farkas
Lena Kaapke
Laura Garbers
Heidi Manthey
Yunmi Byun
Jakob Grebert
Anna Maria Opris
Heidi Manthey
Linda Ohlmeier
Fanny Oemichen
Nadine Theinert
Kirsten Wiesele
Theres Böttcher
Susanne Koch
Julia Hartmann
Daniela Pivasevic-Tenner
Daniela Böttcher
Anna Lindenberg
Christiane Clausen
Lene Greuel
Meng Chan Yu

 

»Die weibliche Blüte im Längsschnitt oder das Ende der Satzbildung«

Rede Für Stefanie Neumann zur Ausstellungseröffnung bei der Galerie Kruse in Flensburg, Mai 2006

geschrieben nach der Methode Nick Hornby mit einem Einblick und einem Ausblick

Pastor Traugott Giessen von Sylt sagt: Zufall ist was uns zufällt.

Das habe ich gerade gelesen und : Der Name Man Ray stehe für FREUDE,

SPIELEN, GENIESSEN.

Denn damit ich mich recht gut auf die heute hier zu absolvierenden einleitenden Worte vorbereiten könne, erhielt ich von Stefanie Neumann in mehreren Sendungen in regelmäßigen Abständen insgesamt:

2 Kladden( aus denen auch die beiden Sätze oben stammen

2 handgeschriebene Zettel ( einer weiß mit Liedtext, einer orange mit ein paar angefangenen Listen, z.B. Titel der Arbeiten, was alt und was neu ist, groß und klein, und verschiedene Farbsortierungen)

7 Fotos

3 E-mails

2 Briefe

2 Musikkassetten

3 CDs

So, könnte man meinen, überlässt sie in der Frage, was hier heute Abend zu sagen sei, nichts dem Zufall.

Ich habe alles gelesen + gehört, und mich bei der Beschäftigung Man Ray ( Freude, Spiel, Genuss ) recht nahe gefühlt.

Mein modernes Zeitmanagemant habe ich zuvor erst einmal draußen vor der Tür geparkt. Deshalb kann ich Ihnen von dem Vergnügen in Stefanie Neumanns private universal world zu wandeln und da heraus ihre Bildschöpfungen nach zu imaginieren, nur in äußerst verschlankter, zeitökonomischer und zudem subjektiver Fassung anbieten:

1.Einblick

Als Liste. Die wieder Listen enthält, hinter denen sich wieder Listen verbergen.

Liste der Christlichen Seefahrt

Liste der Kreuzworträtselwörter

Liste der Regenangelegenheiten

Liste der schönsten unhaltbaren Schwüre

List der HEROS ( Matrosen, kochende Männer, Leonard Cohen und Hans Albers, Skater mit Wollmützen, Bodygards, fantastische Liebhaber und ein halbnackter Helfer im Garten für Mama )

Kleiderliste

List von Küchenkram

Kinderreim-Liste

Liste der Jahrhunderterinnerungen ( Durchkämmen 3 Mark )

List der Lebensorte ( Kropp – London – Paris – Berlin, mit dem kleinen Einschub Kiel, dem wir unsere Bekanntschaft verdanken )

Liste der Essensfarben ( gelb wie Linsencurry )

Liste der ultimativen where to go Orte

Liste der Verbesserungen von Mitteleuropa

List der Liebesverhinderungen

Liste der Übermenschen ( Orang Utan, Gozilla, Monster, King Kong )

Liste der Seemannsbräute ( Vivianne Westwood, Björk, Hanna Höch, Lara Croft )

Liste der woanders wiedergefundenen Dinge ( Bademantelgürtel, Captain s Dinner )

Liste der Weisungen ( Öffne mir die Augen, Kleines )

Liste der Zauberformeln und Geheimschriften

Liste der Handgriffe und Fingerkniffe

Liste von der Suche nach Deutschlands anmutigstem Wort

Liste der Rastlosig- und Endlosigkeiten

…  …  …

In einer der Kladden nun befindet sich das von Stefanie Neumann durch Markierung als Liste aus der “Verbesserung von Mitteleuropa“ selektionierte Schlüsseldokument, das ich Ihnen jetzt vollständig zu Gehör bringen will :

1. Ausblick

Die Ereignisse in Paris am 26., 27., 28., und 29. Juli

Feueranbeter

Wolkenpumpen

behaarte Herzen

Nervenwaage

bi-yän lu, xüan wu s Niederschrift von der smaragdenen Felswand

Das Leben der galanten Damen

Himmelsatlas

Briefe an kleine Mädchen

Farewell my lovely London 1961

The little sister, N.Y. 1964

107 alphabetisch geordnete Comics als mächtiger rosa Block

Sprachgeist

Strategie im Reich der Wünsche

Geschichtsklitterung

Das Elektronenzephalogramm

Die Weiberherrschaft

Prometheus

Chintchin, A.J.

Leonardo und Blandine

Springinsfeld

Bewußtsein der Maschinen

Rotwelsch

Heaven and Hell

Sitte und Verbrechen bei den Naturvölkern, Wien o.J.

Das Schöne im Krankhaften

Zungenreden

Bimmel Bammel

Nothschrei

Himmlische Liebes-Küsse etc.

Der Grillenvertreiber

Josefine Mutzenbache

Die weibliche Blüte im Längsschnitt

oder das Ende der Satzbildung, 2006

Garantua und Pantagruel

Gotamo

Flash Gordon und die Utopie des 20. Jahrhunderts

Basic English, London 1932

Albion Moonlight

My gun is quick, N.Y. 1958

The Body Lovers, London 1967

Beiträge zur Ekstase, Basel 1968

Die Geheimnisse von Paris, Berlin o.J.

Himmel und Hölle, Zürich o.J.

Trachtenbrot

Der Schwärmer, Lüstling und Tyrann Johann

Warum kehrt Rätselmann zurück ? Weil er Hoffnung gibt ! Aber nichts ist gefährlicher, als ein bisschen Hoffnung, das außer Kontrolle gerät – heißt es in den „Hunger Games“ (Die Tribute von Panem) von Suzanne Collins. Aber ebenso gefährlich ist die neue Graphikserie von Stefanie Neumann. Sie infiziert den Betrachter mit Bildern, sie verbindet Gegenwartsbilder mit Vergangenheitstext, schafft eine Zeitbrücke und kommuniziert mit „Absent Friends“ (1).

Wenn Rätselmann den alt gedienten Rocker Neil Young gekannt hätte, dann wäre dessen Song „Don’t Let It Bring You Down“ zu einem seiner Leitsprüche, wenn nicht sogar zu seinem Lebensmotto geworden. Und man würde dieses Lebensmotto in seiner eigenen Registratur unter „Y“ wie „Young“ finden – und natürlich auch unter „D“ wie „Don’t“, und unter Satzanfänge bzw. „Liedanfänge und Liedzeilen“.

Wenn es ein ganz schräger Tag war, an dem er den Satz in einem Universum von Bedeutungsmeteoriten gefunden hätte, dann hätte er ein Eintrag unter „G“ – Register der letzten Buchstaben – und unter „22“ – Register der Länge der Wortausdrücke – vorgenommen. Rätselmann nutzt die Möglichkeit, diese Poesie der Doppeldeutigkeit mit seinen verklausulierten Registern, Listen und Aufzeichnungen mit kurzen Wortblöcken zu transportieren. Sie entfalten im Kontext von Neumanns bildlichen Überarbeitungen – wie etwa in dem Blatt „Holunder“ – ihre Poesie durch die Spannung mit den skripturalen Elementen von Rätselmanns „Schriftbilder“.

Rätselmann aka „DJ Opa Oben“ lieferte die ersten Eindrücke von Schrift für seine Enkelin Stefanie, war er doch der einzige Skripturale im Lebenskreis des Kindes, den sie jeden Tag mit einem Schreibgerät an einem Tisch sitzen sah. Dass diese Kombination von meditationsartigem Schreiben und der späteren Entdeckung des ausgefeilten Registratursystems zur Organisation der Welt aus Rätselmann den Superhelden machte, als welcher er heute gilt, ist nicht weiter verwunderlich.

Sieht man das Spektrum der Superhelden an, scheinen in der Unterhaltungsindustrie amerikanischer Prägung vor allem die Marvel-Heft-Helden wie der Silver Surfer, Superman, die Grüne Laterne oder Preacher zu dominieren. Dabei sind es – neben den körperlichen Besonderheiten – auch oft intellektuelle Fähigkeiten, mit denen die Helden brillieren.

Aber in den letzten Jahren werden diese ideellen Positionen immer mehr relativiert – und sogar negiert – durch Filme wie „Super“, einem Klempner und Flaschnern, der die Welt rettet, durch Superziegenmann, dessen Superkraft im Schlafen in abgestellten Autos besteht und Personen wie die „Watchmen“ (2) – mit Rohrschach und dem Comedian – die schon im Superheldenruhestand sind.

Schlägt man in Rätselmanns Registratur nach, findet man die Klassiker des Genres, rubriziert unter „Held“, „Superheld“ und „Hero“. Und natürlich hätte Rätselmann sich niemals selbst in dieses System eingetragen, aber es hätte ein schönes Graphikblatt abgeben können, das Neumanns neue Reihe „Thundergirl“ trefflich eingeleitet hätte. Bei alten Comics im Familienarchiv findet man auch eine Reihe alter Hefte mit den Geschichten von Superhelden. Sie erinnern an comichafte Bildwelten und schaffen hier eine weitere Gedankenbrücke zu den Arbeiten von Neumanns frühkindlichen Bildwelten.

Die Synchronisation der Bildwelten von Neumann mit dem Kosmos „Kreuzworträtsel“ als Ordnungssystem gibt einer ungeordneten Welt, wie sie aus persönlichem Erleben „Rätselmanns“ mit den Ereignissen des Ersten und Zweiten Weltkrieges verknüpft ist, einen neuen Rahmen, einen Ort, wo diese Geschichten nicht mehr gefährlich sind. Waffennamen, Kriegsschauplätze, Pflanzennamen und Landschaften – alles findet seinen Ort in der Registratur. Und alles findet seinen Weg zu den Bildern, zu den Namen und Bedeutungen und ihren Negationen in der Umgangssprache wie etwa in dem Blatt „Lusche“.

Auch wird hier ein Raster geboten, das die Einordnung sowohl der Wirklichkeits- als auch der abstrakten Begriffe erlaubt. Beziehungen zwischen den Dingen werden dabei ebenso berücksichtigt wie wissenschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Wortfelder. Dabei hat auch das Irrationale seinen Platz in dem literalen Kosmos gefunden, erfasst in dutzenden von handschriftlichen Kladden, in zahllosen, nahezu unüberschaubaren Wortregistern.

Diesen Spuren von Zusammenhängen und Bedeutungsnetzen kann man in den Kladden vom „Fabulous Rätselmann“ ebenso folgen wie in den Bildern seiner Enkelin Stefanie Neumann, die ebenso assoziative Netze in ihren Bildern knüpft, wie dies ihr Großvater in seinen Aufzeichnungen entworfen hat. Die Bildwerke nehmen die Worte, die Wortbruchstücke und Buchstaben, um von ihnen ausgehend den Texten eine neue Bedeutungsebene zu geben. Dabei nutzt Neumann in der Fortsetzung der Graphikserie „Rätselmann & Thundergirl“ die unterhaltsam erklärenden Bilderbögen des 19. Jahrhunderts ebenso wie Stahlstiche von Blumen und Vögeln aus naturwissenschaftlichen Kompendien des 19. und 20. Jahrhunderts. In den Hintergrund der Radierungen eingebetet, geht der Stahlstich des 19. Jahrhunderts mit der Stahlradierung des 21. Jahrhunderts einen Dialog ein – vermittelt durch die Worte und Zeichen von Rätselmann. Die Bildfindungen liefern ein Wechselspiel, von dem letztendlich ein Vexierspiel in den Augen und dem Gehirn des Betrachters intendiert ist.

Bildtitel wie „Eisbär“, „Himmel“, „Ahoi“ und „Geduld“ verweisen auf die sprachlichen Quellen und deuten gleichzeitig durch ihre Kürze und Prägnanz auf die symbolischen und metaphorischen Ebenen der Dinge. Gesucht wird die Komplexität in der Einfachheit – die Sinn spendet – und die Einfachheit in der Komplexität – die Hoffnung und Trost gibt, wenn man nicht alles versteht, die Reizüberflutung überhand nimmt. Das sind die Pole, zwischen denen die Superhelden bei Neumann oszillieren und vermitteln.

Und so ist auch die Verbindung zwischen Bildgestaltung von Neumann und Textgestaltung von Super-Rätselmann zu sehen. Hier knüpfen die Bildwerke der Reihe „Thundergirl“ an, scheinen auf die Reihe „Stories“ (2005) zu verweisen und gleichzeitig eine Brücke in das nächste Jahrzehnt zu schlagen. Verschiedene Rezeptionsangebote werden dem Betrachter gemacht, emotionaler als auch intellektueller Natur. Spuren und intelligente Netze kann man in den Graphiken finden, neue Beziehungen entdecken oder sich an einer differenzierten, aber trotzdem dingfixierten Reflexion der Welt erfreuen.

Welchen Weg der autonome Betrachter wählen möchte, bleibt allerdings immer ihm selbst überlassen. Die Autonomie der eigenen Reflexion und der eigenen Beziehungsnetze hat immer Priorität. Und um die Anspielungen auf Charles Baudelaire aufzugreifen, die man immer wieder in den neuen Graphiken findet, beendet ein Satz diese Anmerkungen, der sowohl einem Leser als auch einem Betrachter Anregung für eine erneute Rezeption sein soll. In den „Les Fleurs du Mal“ heißt es über ein Bild: „Was blieb von unsrer Küsse mächtigen Schauern, / von der Verzückung Rausch so stark und wild? / Ach meine arme Seele, du magst trauern! / Nichts blieb zurück, als ein verwischtes Bild“. Das gibt Hoffnung, Hoffnung für neue Bilder. Und Erinnerungen, die immer wieder nach Präzisierung streben, nach Repetieren und erneutem Rezipieren: „Guck die Bilder!“

Anmerkungen

1 »For Absent Friends«. Auf dem Album »Nursery Crime« von Genesis (1971).

2 »The Watchmen« (Die Wächter) aus dem Jahr 2009 von dem Regisseur Zack Snyder.